Die Bibel erzählt also in verschiedenen Wiki-Elementen eine grosse Story. Jeder Teil ist irgendwie von Gott inspiriert und bildet im Grossen und auch im Kleinen einen wichtigen Beitrag. Doch wieso sind die einzelnen Elemente trotzdem so unterschiedlich, manchmal sogar widersprüchlich? Nun, ich glaube, dass Gott in jeder Zeit so spricht, dass es der Mensch zu dieser Zeit auch versteht. In Moses Zeit hat er für Mose gesprochen, in Davids Zeit für David, in Jesus Zeit für Jesus und ich unserer Zeit für uns. So hat die Erzählung für jede Zeit Sinn gemacht und bereichert das Gesamtbild durch viele Nuancen. Für uns ergeben sich aber zwei Herausforderungen:
  • Wie erzählen wir die grosse Story heute?
  • Wie übersetzen wir die Story aus einer anderen Zeit in die heutige Zeit?
Ja, jeder von uns liest selektiv. Auch der grösste Fundamentalist, egal aus welcher Religion, geht mit seinen heiligen Schriften beurteilend um. Jeder von uns wählt aus, lässt weg, passt an, deutet um. Die Frage dabei ist eigentlich nur, wie wir dabei vorgehen. Falls du bei meiner Aussage nicht sicher bist: hast du schon mal einen christlichen Fundi gesehen, der jemanden gesteinigt hat? Eigentlich müsste er ja, wenn er die Bibel nach 3. Mose 24:14-16 wörtlich nimmt, wenn er jemanden fluchen hört. Und die Ausrede, dass man das heute nicht mehr tun darf, gilt nicht, denn schliesslich sollen wir doch Gott mehr gehorchen als den Menschen. Nun, bevor mir jemand noch unterstellt, ich stifte zu Mord an, sei klar gesagt: Gott hat zu Mose zu gesprochen, dass es die Leute zu Mose Zeit verstanden haben. Wir haben in der heutigen Zeit jedoch verstanden, dass es bessere Wege als die Todesstrafe gibt, weshalb Gott auch nicht mehr so zu uns spricht! Aber eigentlich wollte ich ja nur zeigen, dass jeder von uns die Bibel nicht wörtlich nimmt, sondern auswählt und anpasst. Und die Bibel als Erzählung zu lesen, hilft uns genau darin. Wir können auch in schwierigen Passagen die Elemente der grossen Story sehen und Wege suchen, wie wir diese Geschichte heute erzählen können. Doch dies sollten wir nicht alleine tun, sondern zusammen mit anderen Menschen gemeinsam nach der richtigen Erzählweise für heute suchen. Die Bibel sollte zusammen in der Gemeinschaft ausgelegt werden. Irgendwie fasziniert es mich, wie die ersten Christen mit Paulus zusammen gesessen sind und mit einander die Frage um die Beschneidung diskutiert haben. Dabei haben sie gesehen, dass Gott zu Moses Zeit auf Moses Art gesprochen hat und in ihrer Zeit auf ihre Art spricht. Und sie haben das Gesetzt der Beschneidung kurzerhand aufgehoben. Nicht leichtfertig und nicht abhängig von der Meinung eines einzelnen, sondern als Resultat des Ringens, Betens, Diskutierens und Prüfens einer Gemeinschaft. Und dabei haben sie eigentlich auf das Kernstück der Erzählung hin gewiesen, doch mehr dazu im nächsten Post.

Für diesen Post wurde ich von Scot McKnight und seinem Buch „The blue Parakeet – Rethink How You Read the Bible“ inspiriert. Einige seiner Gedanken habe ich – ohne diese zu kennzeichnen – übernommen.