Für die meisten von uns geht es diese oder nächste Woche wieder los. Dann sind die Sommerferien durch, die Schule oder der Kindsgi startet wieder, der gewohnte Rhythmus ist schnell zurück. Für mich ist heute der erste Arbeitstag in den neuen Office-Räumen – und es gibt gefühlte hundert Pendenzen abzuarbeiten.

Aber fast noch mehr als die Pendenzen beschäftigt mich meine momentane Lektüre: Exiles von Michael Frost. Das Buch beschäftigt sich mit der Frage, wie wir in einer Nach-Christlichen Ära missional leben können. Oder etwas einfacher gesagt: Wir könnte unser Leben aussehen, wenn wir hier und heute Gottes Reich sichtbar machen wollen. Frost geht davon aus, dass wir alle in einer Nach-Christlichen Zeit leben. Wir Schweizer hören das nicht so gerne: schliesslich haben wir ja immer noch Gott in der Verfassung, schliesslich zehren wir immer noch vom Erbe der grossen Reformatoren Calvin, Zwingli und Bullinger, schliesslich steht bei uns die Kirche immer noch im Dorf. Doch wenn man mal hinschaut, wie viel der durchschnittliche Schweizer vom christlichen Glauben weiss (was feiern wir nun schon wieder an Ostern?), in welche Richtung seine spirituelle Suche geht (eher nach Osten als zum Kreuz) oder wie stark das Leben und die Botschaft von Jesus auf den Alltag abfärben, bleibt von unserem christlichen Erbe nicht viel mehr übrig, als der Gedanken, dass wir in der Schweiz doch eigentlich alles liebe Christen sind. Ja, auch wir leben in einer Nach-Christlichen Zeit. Die Kirche ist nicht mehr im Dorf, sondern ganz am Rand. Und das ist auch gut so! Am Rand der Gesellschaft haben wir die Chance, das Bild von Christus und von Christen ganz neu zu prägen. Gestern habe ich mit einem Freund darüber ausgetauscht, was der Schweizer von uns Christen hält: moralistisch, rechthaberisch, gesetztlich, heuchlerisch. Leider sind das nicht die Worte, die meinen Jesus beschreiben: gnädig, liebevoll, fürsorglich, revolutionär.

Im Kapitel, das jetzt gerade dran ist, schreibt Frost über den Unterschied zwischen Community und Communitas. Die Unterscheidung tönt ziemlich technisch – die Gedanken dahinter haben es aber in sich. Er beschreibt seinen Weg durch die Achziger und Neunziger-Jahre, wo sie nach echter und tiefer Gemeinschaft gesucht haben. Sie haben sich ganz nach dem Ideal der ersten Gemeinde orientiert, wo alle ein Herz und eine Seele waren. Sie wollten echt und tief – verbindlich und inspirierend – miteinander unterwegs sein. Er beschreibt die Aufs und Abs auf diesem Weg und den Frust, den sie zu bewältigen hatten. Sein Fazit ist ziemlich einfach: Echte und tiefe Gemeinschaft ensteht dort, wo man einen gemeinsamen Auftrag verfolgt. Wenn man gemeinsam auf ein Ziel hin unterwegs ist, spielt es keine grosse Rolle mehr, ob der andere einen passt, man das gleiche Interesse hat oder in der gleichen Lebenssituation ist. Man kommt zusammen, weil man gemeinsam Herausforderungen anpackt, ein Risiko eingeht, Erfolge feiert, Niederlagen verarbeitet und sich für den gemeinsamen Auftrag investiert. Gemeinschaft kann kein Ziel und kein Ende in sich selber sein. Echte und tiefe Gemeinschaft ist eine Frucht des gemeinsamen Auftrags.

Ich freue mich, dass die Sommerpause durch ist, denn jetzt geht es wieder los: Wir sind zusammen im Park und öffnen unsere Gemeinschaft für andere Menschen. Wir treffen uns in den Häusern zum Brunchen und laden dazu andere ein, die auf der Suche nach Jesus sind. Wir sind auf der Strasse unterwegs und verteilen Kerzen als Zeichen, dass Jesus Licht und Hoffnung bringen will. Wir singen mit den Kindern und den Müttern. Wir besuchen unsere Freunde im Bus. Wir sind für unsere Nachbarn da, öffnen unser Herz, unsere Tür, unseren Kühlschrank. Wir feiern miteinander Gottesdienst, feiern Gott und erzählen einander, was er unter uns tut. Und in alle dem sind wir gemeinsam unterwegs, um Gottes Reich sichtbar zu machen, und erleben dabei, wie sich unsere Gemeinschaft vertieft – ganz automatisch!