Es gibt christliche Tugenden, die schlicht abgeschaft gehören. Selbstlosigkeit als erstes! Die selbstlose Haltung führt die Hitparade der christlichen Ideale an und vergewaltigt seither Männer und Frauen, die eigentlich sich selber sein wollen. Doch wer sich selber ist, kann per Definition nicht selbstlos sein. Also versuchen wir uns zu verleugnen, unser Selbst abzustreifen, zu einem Wesen ohne Ecken und Kanten zu werden, um einem christichen Sein zu entsprechen. Wir stellen uns hinten an, um für alle alles und nie niemandem anstössig zu sein. Mein Selbst ist aber anders: Ich stosse gerne an, bin gerne mich selbst. Bin ich nun ein schlechter Christ? Nicht unbedingt, denn dieses Selbst steht im Gegenüber zu seinem Schöpfer, der mich annimmt und liebt. Das letzte, was ein Liebender verlangt, ist Selbstlosigkeit. Denn da wäre alles liebenswerte verschwunden. Uns zur Nichtigkeit selber aufzugeben enspricht also nicht Gottes Absicht. Im Gegenteil – ich darf mich selber sein, mich an seinem Selbst orientieren, mich mit all meinem Selbst für ihn, sein Reich und für andere Einsetzen. Erst wenn ich wage, mich selbst zu sein, kann ich auch andere sein lassen, sie stärken, sie gross machen. Die wahrlich besseren christlichen Tugenden!